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Asset Deals werden immer wichtiger durch die zunehmende Übertragung virtueller Vermögenswerte und gewinnt als Form des Unternehmenskaufs insbesondere im eCommerce- und Buy-and-Build-Sektor zunehmend an Bedeutung. Der Käufer erwirbt dabei gezielt einzelne Wirtschaftsgüter oder eben, wie in der Praxis viel häufiger, alle Wirtschaftsgüter und Vermögenswerte des Zielunternehmens – ohne die Gesellschaft des Verkäufers mitzuerwerben. Langfristiges Ziel vieler dieser Transaktionen ist ein lukrativer Exit an einen größeren Marktteilnehmer wie einen Strategen oder Private-Equity-Käufer.
Da digitale Unternehmen und Handelsgeschäfte oft rein virtuell ohne die Übertragung von Arbeitnehmer*innen oder physischen Assets übertragbar sind, bietet sich der Asset Deal hier an, da er zudem die Abschirmung des Käufers gegen Altverbindlichkeiten des Targets mit sich bringt – übernommen wird nur was vertraglich festgeschrieben wird, nicht, was möglicherweise Jahre später bei der Steuerprüfung auftaucht. Der Asset Deal ist zudem schön einfach: Solange keine Immobilien oder Anteile an weiteren Körperschaften Teil des Deals sind, ist ein solcher Asset Deal grundsätzlich privatschriftlich, eigentlich auch per Handschlag wirksam zu vereinbaren, wäre da nicht eine recht nebulöse Regelung im BGB, die seit Jahrzehnten für Unklarheit sorgt:
Die zentrale Frage ist, ob und wann der Asset Deal der notariellen Beurkundung nach § 311b Abs. 3 BGB bedarf:
„§ 311b Abs. 3 BGB:
Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, sein gegenwärtiges Vermögen oder einen Bruchteil seines gegenwärtigen Vermögens zu übertragen oder mit einem Nießbrauch zu belasten, bedarf der notariellen Beurkundung.“
Der Zweck von § 311b Abs. 3 BGB liegt im Schutz von Vertragsparteien vor übereilten Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Erwerb von wesentlichen Vermögenswerten – vereinfacht gesagt vor dem schnellen Handschlag in der Kneipe bei dem der Verkäufer „Du kriegst alles was ich habe“ lallt. Ursprünglich konzipiert als Schutzmechanismus für Privatpersonen, bleibt umstritten und auch gesetzgeberisch ungeklärt, ob diese Vorschrift auch auf Unternehmen Anwendung finden soll.
Die juristische Diskussion dreht sich dabei um zwei zentrale Fragen:
Erstens: Gilt § 311b Abs. 3 BGB überhaupt für Unternehmen? Befürworter der Anwendung verweisen darauf, dass der Wortlaut der Norm keine Unterscheidung zwischen Privatpersonen und Unternehmen vornimmt. Auch Unternehmen könnten durch unüberlegte Geschäfte geschädigt werden. Gegner dieser Ansicht argumentieren, dass Unternehmen in der Regel professionell beraten sind und keiner besonderen Schutzbedürftigkeit unterliegen. Zudem sei der historische Zweck der Norm der Schutz von Privatpersonen vor übereilten und unüberlegten Entscheidungen.
Zweitens: Wann liegt eine Beurkundungspflicht vor, wann also wird über das „gegenwärtige Vermögen“ oder „einen Bruchteil“ verfügt? Unzweifelhaft muss der Vertrag beurkundet werden, wenn Grundstücke oder gesellschaftsrechtliche Beteiligungen Teil der übertragenen Vermögenswerte sind. Doch was ist mit der bloßen Übertragung etwa eines vollständig virtuellen Geschäfts, etwa eines erfolgreichen Online-Shops, dessen tatsächliche Übertragung die Änderung des Eigentümers in Shopsystem und Impressum und die Änderung des Logins ist? Wann ist das gesamte Vermögen erfasst, in der Praxis selten sollte ja der Fall sein dass buchstäblich das letzte Hemd mitverkauft wird. Die höchstrichterliche Rechtsprechung neigt dazu, eine Beurkundungspflicht anzunehmen, wenn der Asset Deal eine wirtschaftlich vergleichbare Wirkung wie ein Unternehmensverkauf hat. Entscheidend ist also die Zusammensetzung der erworbenen Vermögenswerte und die Bedeutung für die verkaufende Partei. Wenn es sich anfühlt wie das gesamte Vermögen, ist es das im Zweifel auch. Verkauft eine Privatperson also seinen Online-Shop, mit dem er sein gesamtes Einkommen bestreitet und er hat sonst keine nennenswerten Vermögensgüter und Einnahmequellen, dürfte der Deal das „gegenwärtige Vermögen“ erfassen. Gleiches gilt für Unternehmen, die oft nicht einzelne Geschäftszweige sondern das gesamte Online-Geschäft verkaufen.
Dieses „gegenwärtige Vermögen“ wird oft durch sog. „Catch-all Klauseln“ im Vertrag definiert. Auf diese "Catch-All-Klauseln" muss ein besonderes Augenmerk gelegt werden, da die das entscheidende Detail sind, das zwischen „alles was ich habe“ und „nur dies, das und jenes wird übertragen“ unterscheidet. Diese sind im Vertrag regelmäßig durch Formulierungen wie "alle wesentlichen Vermögenswerte", "das gesamte operative Geschäft" oder auch Auffangklauseln wie „und alle weiteren Vermögensgegenstände“ nach einer Aufzählung erkennbar. Solche Klauseln können dazu führen, dass faktisch das gesamte Unternehmen übertragen wird und damit eine Beurkundungspflicht nach § 311b Abs. 3 BGB auslösen.
Eine Alternative zur Catch-All-Klausel könnte die numerative Aufzählung der zu übertragenden Vermögenswerte sein. Dabei werden einzelne Wirtschaftsgüter detailliert aufgeführt, um zu vermeiden, dass der Vertrag als wirtschaftlich identisch mit einem Unternehmensverkauf und damit dem „gegenwärtigen Vermögen“ gewertet wird. Dennoch kann auch eine solche Aufzählung keine absolute Sicherheit bieten – in der Praxis findet man immer einen Radierer, einen Tacker oder ein Lagerregal, dass von einer reinen Aufzählung nicht erfasst ist und damit vertraglich nicht mitübertragen wird. Bei Tackern und Regalen dürfte sich der Schaden in Grenzen halten, wenn dies aber Schutzrechte, IP, Domains oder Webshops betrifft, eröffnet das enorme Unsicherheiten, die man in größeren Transaktionen gerne ausschließen möchte. Auch ist immer noch unklar, ob die numerative Aufzählung wirklich vor der Formnichtigkeit schützt, oder ob auch eine Aufzählung beurkundungspflichtig sein kann.
Das Problem besteht seit Bestehen der Regelung und der Gesetzgeber verzichtet seitdem auf eine Klärung der Frage. Gleichermaßen gibt es seitens der Rechtsprechung ebenfalls bislang keine klare Ansage und Richtschnur für die Praxis.
Sollte bei Ihnen also ein Asset Deal im Raum stehen, können Sie die folgende, einfache Checkliste prüfen um die Frage der Beurkundungspflicht zu klären:
Aufgrund der unsicheren Rechtslage sollte bei der Gestaltung eines Asset Deals ein erfahrener Rechtsanwalt hinzugezogen werden. Dieser kann beurteilen, ob eine Beurkundungspflicht droht, und gegebenenfalls die Vertragsgestaltung so anpassen, dass ein Exit nicht durch formale Mängel gefährdet wird. Auf der sicheren Seite sind Sie mit der Beurkundung. Sollte man auf einen späteren Verkauf hinarbeiten, ist Rechtssicherheit hinsichtlich des Asset-Kaufs ohnehin jeden Cent investierte Notarkosten wert.
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